Rücknahme sämtlicher Kürzungsauflagen!

Nach der arbeitsintensiven Erstellung des Haushaltsentwurfes 2021/2022 durch die Fachämter der Stadtverwaltung wurde im vergangenen Jahr über mehrere Monate hinweg im Stadtrat daran gearbeitet, diesen Entwurf zu qualifizieren und mehrheitsfähig zu machen.

In den Haushaltsverhandlungen zwischen Grünen, CDU, SPD, FDP und DIE LINKE wurden erhebliche finanzpolitische Schwierigkeiten (so z. B. ein plötzlich vom Finanzbürgermeister mitgeteiltes finanzielles Defizit in Höhe von 119 Millionen Euro) ausgeräumt und gleichzeitig erreicht, Kürzungen im Sozialbereich, bei Kultur, Jugendhilfe und Sport zu vermeiden. Die Haushaltsdebatte war nicht unerheblich von den Erwartungen der Folgen der Corona-Pandemie geprägt. Nicht zuletzt hatte der Beigeordnete für Finanzen im vergangenen Jahr eine Haushaltssperre für den Haushalt 2020 verhängt.

Der im Dezember 2020 vom Stadtrat beschlossene Haushalt beruhte dennoch zum größten Teil auf dem Haushaltsplanentwurf von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP)und dessen gleichzeitig eingebrachtem präzisierenden Änderungsantrag. Um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, beauftragte der Stadtrat schließlich den Oberbürgermeister, im Umfang von 77 Millionen Euro nach Einsparmöglichkeiten zu suchen und hierfür entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Dies geschah mit der Vorlage V0776/21 vom 10. Februar 2021. Während die Fraktionen unter erheblichem Arbeitsaufwand über diese Vorlage verhandelten, erfuhr der Oberbürgermeister von einem enormen Haushaltsüberschuss für das Jahr 2020. Doch statt den Stadtrat pflichtgemäß über diese wesentliche Veränderung der finanziellen Lage der Landeshauptstadt Dresden zu informieren, verheimlichte er diese Entwicklung über den Zeitraum von zwei Monaten.

Der Umstand eines ganz erheblichen Haushaltsüberschusses 2020 war dem Stadtrat, der gemäß § 27 Abs. 1 SächsGemO die Vertretung der Bürger und das Hauptorgan der Landeshauptstadt Dresden ist, bis zum 26. Mai 2021 nicht bekannt. Erst an diesem Tag verkündete Oberbürgermeister Hilbert völlig überraschend einen Haushaltsüberschuss von rund 109 Millionen Euro für das Jahr 2020. Gleichzeitig schlug er entgegen seines eigenen Haushaltsentwurfs und unter Missachtung des vom Stadtrat beschlossenen Haushalts 2021/2022 vor, an wesentlichen Kürzungen festzuhalten.

Die Fraktion DIE LINKE. im Dresdner Stadtrat hat in ihrer Fraktionssitzung am 31. Mai über die aktuelle Situation beraten und schlägt angesichts des erheblichen Überschusses in Höhe von rund 109 Mio. Euro die Rücknahme sämtlicher Kürzungsauflagen aus dem Beschluss zum Haushalt 2021/2022 vor. Hierzu werden wir nun Gespräche mit den anderen haushaltstragenden Fraktionen führen.

Dazu erklärt LINKEN-Fraktionsvorsitzender André Schollbach:
„Es handelt sich um einen gravierenden politischen Vorgang von erheblicher Tragweite. Oberbürgermeister Hilbert hat den Stadtrat und die Öffentlichkeit über die wahre finanzielle Lage der Stadt getäuscht. Ein Betrag in der Größenordnung von über 100 Millionen Euro fällt nicht über Nacht vom Himmel. Die gravierende Diskrepanz zwischen den alarmistischen Behauptungen des Oberbürgermeisters im Rahmen der Haushaltsdiskussion und den tatsächlichen finanziellen Ergebnissen erfordert eine eingehende Aufarbeitung. Angesichts des Gewichts dieses Vorgangs werden wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Der Stadtrat kann nur dann sachgerechte Entscheidungen treffen, wenn er rechtzeitig und wahrheitsgemäß über die wesentlichen Sachverhalte informiert wird. Die Amtsführung des Oberbürgermeisters erinnert zunehmend an das Gebaren eines selbstgefälligen, selbstzufriedenen Gutsherrn. Eine derartige Amtsführung ist inakzeptabel.“

Dazu sagt Stadtrat Tilo Kießling (Mitglied im Ausschuss für Finanzen):
Das Vorgehen des Oberbürgermeisters stellt eine Missachtung der Arbeit von Stadtverwaltung und Stadtrat bei der Erstellung des Haushaltsplanes dar. Wesentliches Kapital der Haushaltspolitik ist das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Seriosität und Verlässlichkeit getroffener Entscheidungen. Die Sprunghaftigkeit des Oberbürgermeisters untergräbt dieses Vertrauen.