Sachsenbad: Stadträt:innen klagen gegen Dresdens Oberbürgermeister Hilbert

Nach gravierender Täuschung durch OB Hilbert bei Verkaufsbeschluss zum Sachsenbad: Stadträtinnen und Stadträte wollen Verkauf des Denkmals verhindern und erheben Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden

 

Am 12. Mai 2021 beschloss der Dresdner Stadtrat die Vorlage von Oberbürgermeister Hilbert (FDP) zum Verkauf des Sachsenbads und dessen Umbau zu Büroflächen. Zentrales Argument für den Verkauf: Die Stadt habe kein Geld für die Sanierung des Bades. In der Beschlussvorlage von OB Hilbert wurde dazu ausgeführt, dass es „aus Gründen der kommunalen Haushaltslage“ bislang nicht möglich gewesen sei, „das Gebäude aus kommunalen Finanzmitteln zu sanieren“ und einer Nutzung zuzuführen.

Zum Zeitpunkt dieses Beschlusses war dem Stadtrat der Haushaltsüberschuss 2020 in Höhe von rund 109 Millionen Euro nicht bekannt. Statt den Stadtrat pflichtgemäß über diese wesentliche Veränderung der finanziellen Lage der Landeshauptstadt Dresden zu informieren, wurde jener für die Entscheidung über das Sachsenbad wesentliche Umstand pflichtwidrig durch Oberbürgermeister Hilbert verheimlicht. Genau zwei Wochen später verkündete er dann völlig überraschend:

„Rund 109 Millionen Euro Überschuss aus dem Jahresabschluss 2020“
 
„Dresden kann geplante Kürzungen zurücknehmen und weitere Projekte realisieren“

In dieser Mitteilung wurde u. a. ausgeführt:

„Dieser neu eingetretene Umstand hat nunmehr auch Einfluss auf das bereits laufende Haushaltsjahr 2021 und dessen Haushaltsvollzug.“

„In der Zusammenführung der nunmehr vorliegenden Informationen ergibt sich ein neues Gesamtbild für die weitere finanzielle Entwicklung des Doppelhaushaltes 2021/2022.“

Diese Informationen waren dem Stadtrat bis zur Veröffentlichung der o. g. 109-Millionen-Euro-Mitteilung am 26. Mai 2021 unbekannt. Zudem „fand“ der Oberbürgermeister zwei Wochen nach dem Verkaufs-Beschluss quasi über Nacht plötzlich einen Millionenbetrag bei den stadteigenen Technischen Werken Dresden (TWD) für einen Bad-Neubau in Dresden-Pieschen. Mit dieser Entwicklung hat sich die Sachlage seit dem in der Sitzung des Stadtrates am 12. Mai 2021 gefassten Beschluss zum Verkauf des Sachsenbades wesentlich geändert.

Angesichts der Täuschung des Stadtrates durch den Oberbürgermeister über die wahre finanzielle Lage der Stadt stellte die Fraktion DIE LINKE einen Antrag zur „Revision des Beschlusses zum Verkauf des Sachsenbades“. Doch OB Hilbert verweigert die Behandlung dieses Antrags der LINKEN. Entgegen seiner eigenen öffentlichen Bekundungen (siehe oben: „neu eingetretene Umstand“, „neues Gesamtbild“) behauptet er nun angesichts des LINKEN-Antrags, die Sachlage habe sich nicht wesentlich geändert. Trotz mehrerer außergerichtlicher Interventionen gegen dessen Weigerung den LINKEN-Antrag zu behandeln, hält OB Hilbert stur an dem Verkauf des Sachenbads fest und verhindert zielgerichtet eine Befassung des Stadtrates, der als Hauptorgan der Landeshauptstadt Dresden zur Entscheidung berufen ist.

Dies nehmen mehrere Stadträtinnen und Stadträte nicht länger hin und gehen nun gerichtlich gegen den Oberbürgermeister vor, um den Verkauf des Denkmals Sachsenbad zu verhindern. Die Ratsmitglieder Anja Apel, Pia Barkow, Dr. Margot Gaitzsch, Magnus Hecht, Anne Holowenko, Tilo Kießling, Jens Matthis (alle DIE LINKE) und Dr. Martin Schulte-Wissermann (Piratenpartei) haben nun Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden erhoben. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 7 K 1625/21 geführt. Der Antrag lautet: „Der Beklagte wird verpflichtet, gemäß § 36 Abs. 3 Satz 4 SächsGemO den Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden unverzüglich zu einer Sitzung zu dem Verhandlungsgegenstand Antrag A0218/21 „Revision des Beschlusses zum Verkauf des Sachsenbads“ einzuberufen.“

§ 36 Abs. 3 Satz 4 Sächsische Gemeindeordnung lautet: „Der Gemeinderat ist unverzüglich einzuberufen, wenn dies von einem Fünftel der Gemeinderäte unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes beantragt wird und der Gemeinderat den gleichen Verhandlungsgegenstand nicht innerhalb der letzten sechs Monate bereits behandelt hat oder wenn sich seit der Behandlung die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat.“

Zwar hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 12. Mai 2021 – und damit innerhalb der letzten sechs Monate – einen Beschluss über den Verkauf des Sachenbads gefasst. Indes hat sich seit der Behandlung dieser Vorlage die Sachlage wesentlich geändert (siehe oben). Die Änderung der Sachlage ist eine wesentliche. Sie ist nicht lediglich geringfügig, sondern ganz erheblich. Dies verdeutlicht bereits das Finanzvolumen des Überschusses in Höhe von 109 Millionen Euro. Für eine wesentliche Änderung der Sachlage spricht auch, dass sich infolge dieses Überschusses ein „neues Gesamtbild“ für die weitere Entwicklung des Doppelhaushaltes 2021/2022 ergibt.

Stadtrat Tilo Kießling (DIE LINKE) erklärt:
Ich bin der festen Überzeugung: Der Oberbürgermeister hat uns Stadträtinnen und Stadträte bewusst getäuscht. Er hat uns im Glauben eines Haushaltsdefizites gelassen, obwohl ihm der enorme Haushaltsüberschuss von über 100 Millionen Euro bekannt war. Und genügend Stadtratsmitglieder sind ihm auf den Leim gegangen und haben dem Verkauf mangels Alternative zugestimmt!

Stadtrat Dr. Martin Schulte-Wissermann (Piratenpartei) sagt:
Die Kultur einer Stadt zeigt sich in ihrem Umgang mit ihren historischen Denkmälern. Das Bad hat es verdient, von uns mit Liebe mit neuem Leben versehen zu werden. Daher werde ich alles tun, um das Sachsenbad als kommunales Bad wiederauferstehen zu lassen. Der unter falschen Voraussetzungen zustande gekommene Beschluss des Stadtrats war der Höhepunkt in der langen Geschichte der absoluten Vernachlässigung dieses einzigartigen Kulturguts. Es ist nun unser aller Aufgabe, das Sachsenbad zu retten.

Rechtsanwalt André Schollbach erläutert:
„Der Beschluss zum Verkauf des Sachsenbads wurde auf einer in wesentlichen Punkten unzutreffenden Tatsachengrundlage getroffen. Der Stadtrat kann jedoch nur dann ordnungsgemäß beraten und beschließen, wenn ihm die wesentlichen Informationen vollständig sowie wahrheitsgemäß vorliegen und nichts verschwiegen wird. Diese Entscheidung kann daher keinen Bestand haben und bedarf der Revision.“

 A0218_21 Revision des Beschlusses zum Verkauf des SachsenbadesPDF-Datei (659,5 KB)