Interview mit André Schollbach zum Haushalt

In den vergangenen Wochen wurde intensiv über den Haushalt der Landeshauptstadt Dresden für die Jahre 2021 und 2022 verhandelt. Die Corona-Pandemie ist auch bei den Finanzen deutlich spürbar und hat das Ringen um die öffentlichen Gelder nicht einfacher gemacht. Thomas Feske hat darüber in unserer Fraktionszeitung mit dem LINKEN-Fraktionsvorsitzenden André Schollbach gesprochen.

Die Haushaltsverhandlungen standen im Zeichen der Corona-Pandemie. Was ist eigentlich übrig geblieben von den Kürzungen, die Oberbürgermeister Hilbert und Finanzbürgermeister Lames angekündigt hatten?

Diese Haushaltsverhandlungen in Corona-Zeiten waren eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten. Wir LINKEN haben diese Aufgabe angenommen und sind mit klaren Zielen in die Beratungen gegangen. Wir wollten einerseits eigene Akzente setzen und andererseits die im Raum stehenden Kürzungen in den Bereichen Kultur, Jugendhilfe und Soziales verhindern. Würden jetzt aus finanziellen Gründen Einrichtungen geschlossen oder Angebote gekürzt, drohten die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie ungleich verteilt und unnötig verschärft zu werden.

Sind Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker überhaupt in der Lage, sich da noch politischen Spielraum zu erkämpfen?

Der Stadtrat ist das Hauptorgan der Stadt. Er trifft die Entscheidung über den Haushalt. Will man die erforderlichen Handlungsspielräume erkämpfen, muss man diese zunächst erkennen und dann mit dem nötigen Selbstbewusstsein sowie Verhandlungsgeschick dafür eintreten. Wir konnten dabei auf die Erfahrungen aus zahlreichen Haushaltsverhandlungen der vergangenen Jahre zurückgreifen. Im Ergebnis ist es uns trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gelungen, wesentliche Veränderungen zu erreichen.

Von Landesseite wurde den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, auf ausgeglichene Haushalte zu verzichten? War das für Dich und die Fraktion eine Option?

Angesichts der gegenwärtigen Ausnahmesituation wäre es durchaus legitim, ausgefallene Steuereinnahmen und pandemiebedingte Mehrausgaben durch Corona-Übergangskredite zu finanzieren. Dies wäre für DIE LINKE ein gangbarer Weg. Dies wird aber in mehreren Fraktionen anders gesehen. Daher wurde geprüft, inwieweit große Investitionsprojekte durch stadteigene Unternehmen realisiert werden können, um den Haushalt zu entlasten und damit Gelder für andere Aufgaben bereitstellen zu können. So kann etwa die Modernisierung des Heinz-Steyer-Stadions auf diese Weise realisiert werden.

Warum lagern wir nicht auch Schulen aus, wenn sie dann finanziert und schneller saniert und instandgesetzt werden?

Im Bereich der Schulen wurde dieser Weg bereits erfolgreich beschritten. Ich verweise auf den Schulcampus Tolkewitz, der durch die stadteigene STESAD errichtet wurde. Für weitere größere Schulbauvorhaben kann nun auf diese Erfahrungen zurückgegriffen werden.

Wie hat sich eigentlich die Patt-Situation im Stadtrat auf die Verhandlungen ausgewirkt?

Gerade angesichts der dramatischen Entwicklung der Corona-Pandemie haben sich die Beteiligten darauf konzentriert, die Probleme in der Sache zu lösen und voranzukommen. Wir waren uns einig, dass der Haushaltsentwurf von Oberbürgermeister Hilbert (FDP) der Verantwortung für die weitere Entwicklung der Stadt Dresden nicht ausreichend gerecht wird und deutliche Verbesserungen nötig sind. Dies war jedoch nur unter der Voraussetzung zu erreichen, dass sich mehrere Fraktionen auf einen gemeinsamen Antrag verständigen und die erforderlichen Änderungen dann im Stadtrat durchsetzen.

Konnten die drohenden Einschnitte im Bereich von Kunst und Kultur abgewendet werden?

Eine von den Folgen der Corona-Pandemie am härtesten betroffenen Gruppen sind die Kunst- und Kulturschaffenden. Diesen nun auch noch durch Kürzungen das Leben zusätzlich schwer zu machen, war aus unserer Sicht nicht akzeptabel. Hier haben wir finanziell deutlich nachgebessert und zusätzlich 750.000 Euro allein bei der kommunalen Kulturförderung daraufgelegt.

Wie kann denn die Zukunft des Sachsenbades aussehen – ist die mit der Vereinbarung im Haushalt gesichert?

Das Sachsenbad ist ein großartiges architektonisches Dokument der Zeitgeschichte. Mit einem Umbau des Bades zu schnöden Büroflächen würde dem Gebäude das Herzstück entrissen und die Seele geraubt. Viele Menschen wünschen sich von ganzem Herzen, dass das Bad wieder zum Leben erweckt wird. Uns ist es nun gelungen, eine Million Euro für dringend erforderliche Maßnahmen durchzusetzen. Damit können wir zunächst einmal verhindern, dass das Gebäude weiteren Schaden nimmt. Die demnächst im Stadtrat zu treffende Grundsatzentscheidung wird aktuell noch heiß diskutiert.

Fernsehturm und Robotron-Kantine sind umstritten. Hast Du Hoffnung für die beiden Projekte?

Beide Gebäude stehen im positiven Sinne für die Architektur der Ostmoderne. Wir LINKEN wollen sie erhalten und wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ohne unseren Einsatz wäre die Robotron-Kantine längst abgerissen worden. Wir bewegen uns hier Schritt für Schritt nach vorn, sind aber noch nicht am Ziel.

 

Die Fragen stellte Thomas Feske.
Zeitungsausgabe 122020, Seite 3.