Teuerste Elbebrücke Deutschlands ist seit Jahren ein Schwarzbau / Nach wie vor kein rechtmäßiger Planfeststellungsbeschluss in Sicht

Vor sieben Jahren, nämlich am 24. August 2013, wurde die umstrittene Waldschlößchenbrücke in Dresden offiziell eröffnet. Sie kostete bislang über 180 Mio. Euro (Antwort auf Anfrage AF2659/18) und ist damit die teuerste Elbebrücke Deutschlands. Die Stadtverwaltung geht über die genannte Summe hinaus von erheblichen zusätzlichen Kosten in Millionenhöhe aus (Antwort auf Anfrage AF2666/18).

Drei Jahre nach der offiziellen Eröffnung der Waldschlößchenbrücke erklärte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen für den Bau der Waldschlößchenbrücke für rechtswidrig (Urteil vom 15. Juli 2016 –  BVerwG 9 C 3.16). Das BVerwG führte in der Begründung seines Urteils u. a. aus:

„Eine […] Verträglichkeitsuntersuchung, die den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL Rechnung trägt, wurde vor Baubeginn nicht durchgeführt. […] Weitere Fehler sind der Behörde beim Artenschutz unterlaufen.Im Planfeststellungsbeschluss vom 25. Februar 2004 fehlt eine Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände, wie sie Art. 12 ff. FFH-RL vorschreibt.“

Das Bundesverwaltungsgericht wies in dem Urteil auf Folgendes hin: „Der Beklagte hat nun ein ergänzendes Verfahren durchzuführen, um die festgestellten Mängel zu beheben.“ Seit diesem Urteil sind inzwischen mehr als vier Jahre vergangen. Dennoch liegt bis heute kein rechtmäßiger Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Waldschlößchenbrücke vor. Es ist nach wie vor nicht absehbar, ob und ggf. wann dies der Fall sein könnte. 

Der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Dresdner Stadtrat, André Schollbach, hat zu dieser Thematik seit 2016 immer wieder schriftliche Anfragen an Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sowie die Sächsische Staatsregierung gerichtet und sich nach den Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, den eingeleiteten Maßnahmen, dem verfolgten Zeitplan und den entstehenden Kosten erkundigt. Diese Anfragen haben das Folgende ergeben:

Im Jahr 2016 wurde die Stadt Dresden von der Landesdirektion Sachsen aufgefordert, weitere Untersuchungen und eine ergänzende FFH-Verträglichkeitsprüfung durchzuführen sowie einen Artenschutzfachbeitrag zu erstellen (Antwort auf Anfrage AF1435/16).

Im Mai 2017 wurde mitgeteilt, dass mit der Erbringung dieser Leistungen ein Institut beauftragt worden sei, ein Fertigstellungstermin aufgrund deren Umfangs aber nicht benannt werden könne (Antwort auf Anfrage AF1709/17).

Im Januar 2018 wurde durch die Sächsische Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage hin mitgeteilt, dass die Landeshauptstadt Dresden mit Schreiben vom 11. August 2016 aufgefordert worden sei, zum Vorhaben Waldschlößchenbrücke eine FFH-Verträglichkeitsprüfung und einen Artenschutzfachbeitrag zu erstellen und diese Unterlagen der Landesdirektion vorzulegen. Dies sei bisher noch nicht geschehen. Ein Zeitplan könne seriös erst nach Vorlage der Gutachten durch die Landeshauptstadt Dresden und dem Abschluss des Beteiligungsverfahrens aufgestellt werden (Antwort auf Kleine Anfrage Drs.-Nr.: 6/11894).

Im Januar 2018 wurde mitgeteilt, dass die Erstellung der Unterlagen für die FFH-Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH RL, die Ausnahmeprüfung nach Art. 6 Abs. 4 FFH RL, die Artenschutzrechtliche Prüfung sowie die Artenschutzrechtliche Ausnahmeprüfung im ersten Quartal 2018 abgeschlossen werden solle (Antwort auf Anfrage AF2019/17). Diese Unterlagen seien die Basis für ein Planverfahren, welches dann durch die Landesdirektion Sachsen durchgeführt werde. Ein Zeitraum dafür könne nicht benannt werden.

Im Juni 2018 wurde mitgeteilt, dass sich weitere Verzögerungen ergeben hätten. Es bestünde die Notwendigkeit, bereits umgesetzte Kohärenzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Dieser Auftrag sei an das Umweltamt ergangen. Es werde eingeschätzt, dass diese Überprüfung im Spätsommer/Herbst 2018 abgeschlossen sei (Antwort auf Anfrage AF2435/18).

Im Oktober 2018 wurde mitgeteilt, dass nach derzeitigem Stand mit der Fertigstellung der Gesamtunterlagen Ende 2018 gerechnet werde. Danach werde die Unterlage voraussichtlich als Leseexemplar der Planfeststellungsbehörde übergeben. Im Anschluss erfolge die Einleitung des Planverfahrens (Antwort auf Anfrage AF2640/18).

Im Dezember 2018 wurde mitgeteilt, dass die Erstellung der Unterlagen gute Fortschritte gemacht habe. So sei der Hauptteil der FFH-Verträglichkeitsprüfung konzeptionell fertiggestellt worden. Aktuell werde eingeschätzt, dass die Gesamtunterlage im ersten Quartal 2019 als Entwurf vorliege (Antwort auf Anfrage AF2769/18).

Im Juni 2019 wurde mitgeteilt, dass die Lesefassung der FFH-Verträglichkeitsprüfung seit März 2019 vorliege. Seit Mai 2019 lägen die Abweichungsprüfungen als Lesefassung vor. Die Artenschutzprüfung werde voraussichtlich im Juli 2019 vorliegen. Seit April 2019 läge die Lesefassung der Beschreibung der Ausgleichsmaßnahmen vor. Die Unterlagen würden dann durchgesehen, wenn sie komplett vorlägen. Nach dann vorzunehmenden, ggf. erforderlichen, Ergänzungen/Änderungen und deren Einarbeitung erfolge die Lieferung der endgültigen Planfeststellungsunterlagen. Ein genauer Zeitpunkt könne aufgrund des Umfangs der Unterlagen nicht benannt werden. Diese Unterlagen werde die Landeshauptstadt Dresden sodann bei der Landesdirektion Sachsen zur Planfeststellung (Genehmigungsverfahren) einreichen. Die Dauer dieses Verfahrens könne von Seiten der Stadt nicht eingeschätzt werden. Es werde von 1,5 Jahren ausgegangen. Ob und welche Auflagen aus diesem Verfahren resultieren, könne nicht vorausgesagt werden. (Antwort auf Anfrage AF3103/19).

Am 10. August 2020 wurde mitgeteilt, dass die Unterlagen bei der Stadtverwaltung als Leseexemplar bei der Stadtverwaltung vorlägen und dort geprüft würden. Es handele sich um elf Einzelunterlagen, aufgeteilt in Artenschutzprüfung, Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Vorprüfungen, FFH-Prüfungen sowie FFH-Abweichungsprüfungen. Ein genauer Termin könne derzeit nicht benannt werden, da die o. g. Unterlagen (insgesamt circa 1.300 Seiten) sehr umfangreich seien (Antwort auf Anfrage AF0713/20).

Nach gegenwärtigem Stand belaufen sich die zu erwartenden finanziellen Aufwendungen der Landeshauptstadt Dresden für diese Gutachten, Untersuchungen und Prüfungen auf circa 220.000 Euro (Antwort auf Anfrage AF0745/20).

Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Dresdner Stadtrat, André Schollbach:

„Man muss es so sagen wie es ist: Die teuerste Elbebrücke Deutschlands ist ein Schwarzbau. Obwohl das Bundesverwaltungsgericht bereits vor über vier Jahren den Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Waldschlößchenbrücke für rechtswidrig erklärte, ist nach wie vor kein Termin für eine Legalisierung in Sicht. Weder die Stadt Dresden noch die Landesdirektion Sachsen waren bislang in der Lage, einen voraussichtlichen Termin dafür zu benennen. Zudem ist der Ausgang des bei der Landesdirektion Sachsen durchzuführenden Verfahrens völlig unklar. Damit dauert der Zustand der Rechtsunsicherheit für dieses enorm teure Bauwerk weiterhin an.“