15 statt 30 Prozent Sozialwohnungen: OB Hilbert pariert auf Kommando von Rechtsaußen

Weil die Stadtverwaltung angeblich wegen Corona bei der Erstellung von Bebauungsplänen nicht hinterhergekommen ist, sollte die Übergangsfrist zur Einführung des kooperativen Baulandmodells bis Sommer 2022 um anderthalb Jahre verlängert werden. In der Übergangsfrist werden die Projektentwickler nur zu 15 Prozent Sozialwohnungen verpflichtet und nicht auf 30 Prozent, sofern die Angemessenheitsprüfung das so oder so als zumutbar ausweist.

Sowohl das Konzept zur kooperativen Baulandentwicklung mit der Vorgabe von Sozialwohnungen zu 30 Prozent als auch die Verlängerung der Übergangsfrist wurden durch den Oberbürgermeister vorgelegt.

Auf Zuruf von Rechtsaußen beschloss der Stadtrat mit einer Zufallsmehrheit in der letzten Sitzung rechtswidrig, dass grundsätzlich nur noch 15 Prozent Sozialwohnungen in den Bebauungsplänen zu verankern seien. Rechtswidrig war die eingebrachte Änderung, weil das Baulandmodell gar nicht Gegenstand war, sondern nur die Übergangsfrist. Der Oberbürgermeister enthielt sich der Stimme und verschaffte damit dem rechtswidrigen Antrag eine Mehrheit. Anschließend widersprach Hilbert diesem von ihm selbst durch passives Verhalten herbeigeführten Beschluss, wodurch der Stadtrat auf der nächsten Sitzung, einer Sondersitzung, erneut über den Vorgang abstimmen muss. Im Prinzip wäre die Angelegenheit damit vom Tisch.

Allerdings fällt Dirk Hilbert nun seiner eigenen Verwaltung in den Rücken. Auf Rückfrage äußerte sich Hilbert während der Sitzung sinngemäß, dass 15 Prozent Sozialwohnungen ausreichend wären, das hätten „Fachleute“ gesagt.

Die „Fachleute“ waren wohl nicht so sehr Sozialexperten, sondern Lobbyisten der Immobilienwirtschaft, die parallel in den Fraktionen antichambrieren und außerdem Klagen angestrengt haben, um gegen das Baulandmodell vorzugehen. Dabei jammern sie bevorzugt über hohe Grundstückspreise – die sie aber genährt durch hohe Gewinne in der Vergangenheit und billiges Geld durch ihr spekulatives Verhalten auf dem Grundstücksmarkt selbst mit herbeiführen, äußert Stadtrat Tilo Wirtz (DIE LINKE), Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften.

In der Folge hat der Oberbürgermeister nun seinerseits eine Schnellvorlage eingebracht, die parallel abgestimmt werden soll und im Schweinsgalopp durch den Stadtrat gepeitscht werden soll. Darin enthalten die von Rechtsaußen und der Immobilienlobby geforderte Begrenzung von Sozialwohnungen auf 15 Prozent. Während die Verwaltung sonst behauptet, für eine Vorlage mindestens ein Viertel Jahre für einen „Ämterumlauf“ zu brauchen, geht es beim Bedienen privatwirtschaftlicher Belange bei Hilbert offensichtlich schneller. Dabei ist eine Eilbedürftigkeit nicht erkennbar, hat sich die Verwaltung doch mit der Verlängerung der Übergangsfrist erst einmal terminlich Luft verschafft. Damit bestünde Zeit, mit Fachleuten über das Konzept zu diskutieren und nicht nur Einflüsterungen interessengeleiteter Lobbyisten.

Stadtrat Tilo Wirtz zeigt sich empört: „Wie Hilbert auf Kommando von Rechtsaußen und auf Wunsch der Immobilienhaie pariert, ist schäbig. Die Interessen der sich derzeit dumm und dämlich verdienenden Immobilienwirtschaft werden vom Oberbürgermeister sozial kaltschnäuzig bedient, die soziale Lage von Wohnungssuchenden ist ihm egal. Der Bedarf an Sozialwohnungen wird in Dresden ansteigen. Deshalb sind die ursprünglich von seiner eigenen Fachverwaltung und von ihm selbst vorgelegten 30 Prozent Sozialwohnungen in Bebauungsplänen notwendig. DIE LINKE wird dieses Ziel an Sozialwohnungen verteidigen und lehnt den Vorstoß des Oberbürgermeisters einer Senkung der Sozialwohnungsquote inhaltlich und auch im Vorgehen empört ab.“